Schicksal

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Rückblende
Wir schreiben das Jahr neunzehnhundertneunundneunzig im Monat November. Ein sechzehn Jahre alter Junge sitzt an seinem Computer und erfreut sich an der schillernden Welt im Internet. Plötzlich stösst er auf der Website des Fernsehsenders Pro Sieben in einer Unterrubrik auf eine Sendung mit dem Titel “Andreas Türck Lovestories”. Dort gab es auch eine sogenannte “Flirtbörse”, wie es sie heute zu tausenden im Netz gibt. Er durchstöberte ein paar Anzeigen und schrieb letzendlich aus Langeweile einer der dort eingetragenen weiblichen Personen eine Nachricht. Das Mädchen war siebzehn und hörte auf den Namen Marina. Sie meldete sich kurz darauf per eMail wieder. Die beiden mailten eine ganze Weile hin und her und hatten Spass dabei. Man tauschte Fotos aus. Man begann den eMail-Kontakt auf das Telefon zu verlegen und verschaffte somit den rosa Nutten (Telekom) einen rosigen Umsatz. Man verabredete sich schon im Dezember auf dem Weihnachtsmarkt in Frankfurt. Um 18 Uhr an der Paulskirche. Mario fuhr mit der S-Bahn Linie S8 nach Frankfurt und verliess diese am Bahnhof Hauptwache – er war pünktlich. Anschliessend wartete er an der Kirche, welche direkt am Bahnhof Hauptwache steht.

Nach zehn Minuten Wartezeit im strömenden Regen machte sich der damals noch Handylose Mario Gedanken, ob er sich vielleicht am falschen Ort eingefunden habe. Er schaute sich um und fand auf einem dieser typischen Infokästen an der Kirche den Schriftzug “Bonifatiuskirche” – seine Vermutung wurde damit erhärtet. Er begab sich auf die Suche nach der richtigen Kirche, Niemals hätte er diese ganzen Bauwerke wahrgenonommen – nun aber musste er feststellen, dass in der Frankfurter Innenstadt nicht nur zwei Kirchen stehen. Eine halbe Stunde später stand er dann an der Paulskirche – von Marina keine Spur. Zweimal lief er um die Kirche komplett herum in der Hoffnung sie doch noch zu finden – vergebens. Letzendlich gab er auf und begab sich in seiner blauen Baggyjeans und der dicken Daunenjacke zurück zur S-Bahn Station, wo es warm und trocken war, was man von seinen Haaren aufgrund des starken Regens nicht gerade behaupten konnte. Vor der Zugfahrt musste aber noch eine Fahrkarte an einem vorweihnachtlich überfüllten Fahrkartenautomaten gezogen werden. Eine Person stand noch vor ihm, da entschloss er sich noch einmal die Zeil herunterzuspazieren – in der Hoffnung Marina doch noch zu finden, auch wenn diese Chance gegen Null tendierte.

Er schlürfte also im besten “wie ein bepisser Pudel-Style” die Zeil herunter als plötzlich mitten auf der Zeil in Höhe der Zeilgalerie ein Mädchen stand. Sie schaute mich an und ich schaute sie an – es war Marina! Dann ging alles ganz schnell, ab in die warme Zeilgalerie, gelabert, gekichert und Spass gehabt. Später hatten wir gegenüber vom damaligen Opium Club am Salzhaus noch mehr Spass. Nach langem schüchternen hin- und hergedruckse berührten sich unsere Lippen. Fünf Minuten später musste sie leider gehen, weil sie mit ihren Eltern zur Abfahrt verabredet war. Es folgten weitere Telefonate und eine Einladung zur gemeinsamen Silvesterfeier in Hanau, welche ich aufgrund von Schnee und Eistreiben absagte und es vorzug den Jahreswechsel in der Innenstadt von Mainz zu feiern. Es war das Jahr zweitausend und der Kontakt zwischen uns riss irgendwann ab. Dann begann zweitausendeins die Ausgehzeit zusammen mit Nina und Nadine – die beiden wollten mal in den Paramount Park gehen woraufhin ich mich direkt im Internet schlau gemacht habe wie es dort aussieht. Aus Langeweile fiel ich dort in der Community ein und guckte mich im Forum um. Ein vieldiskutierter Beitrag war das Thema “Feierhosen”, welches ich aufgrund meiner extremen Abneigung gegen alles und jeden der auf Techno, Schranz oder sonstige weichmachende Musik steht, komplett durchlas. Eine gewisse “Julie” mischte in diesem Thema kräftig mit und ich klickte mich in ihr Profil – es war Marina. In diesem Moment erfuhr ich also ihr Pseudo im Netz – vorher kennate ich es noch nicht. Ich kopierte das Profil in eine eMail und schrieb ihr. Alles ging von vorne los und wir trafen uns erneut – diesmal holte ich sie stolz mit meinem eigenen Auto ab und wir fuhren zusammen mit einer Freundin von ihr ins Chi Chi’s in Hanau und aßen etwas. Ein paar Monate später trafen wir uns erneut und tuckerten zum Pizza Hut in Hanau – man könnte fast meinen wir waren nur mit essen beschäftigt. Irgendwann im selben Jahr gegen Sommer waren wir dann nochmal im Alex im Cinestar Metropolis in Frankfurt auf einen Drink. Im Herbst haben wir uns glaube ich auch nochmal getroffen aber so ganz genau kann ich das nicht mehr nachvollziehen – ich werde halt echt alt ;). Zweitausendzwei rief ich bei ihr an, nachdem ich auf unzähle SMS-Nachrichten seit Wochen keine Antwort mehr bekam. Ein Typ war am Telefon und erklärte mir, dass Marina schlafe. Ich erklärte ihm, dass ich dann am besten am Folgetag anrufen werde.

Am kommenden Tag erreichte mich eine eMail von ihr mit dem Inhalt, dass ich aus ihrem Leben verschwinden soll und mich nie wieder bei ihr melden soll. Ich war perplex und baff. Ich hatte keine Fehler gemacht und war mir keiner Schuld bewusst, also stempelte ich die Sache als erledigt ab, auch wenn es sehr weh tat, da wir uns mehr als gut verstanden hatten. Stille kehrte ein.

Der 20.02.2005
Ich wachte auf, ging frühstücken und schaltete gegen 13 Uhr den Computer ein und fuhr meinen Instant Messenger hoch. Dort fand sie eine Nachricht einer unbekannten Person – ich solle ihr erlauben, dass sie mich in ihre Kontaktliste aufnehmen darf. Misstrauisch musterte ich ihr Profil. Der Nick war Julie, der echte Name Marina – ich war komplett verwirrt wie das sein kann. Ich schickte ihr eine Nachricht wer sie ist. Sie fragte ob ich sie noch kenne, was von mir mit einem “sag nicht du wohnst in Hanau” abgetan wurde. Wir tauschten aktuelle Fotos aus und freuten uns, dass wir wieder Kontakt haben. Abends folgte ein über vier Stunden dauerndes Telefonat, was bis tief in die Nacht ging und mir ein Schlafdefizit einbrachte. Aber das war alles egal. Ihr Freund hat ihr damals verboten mit mir Kontakt zu haben und sie war zu blind vor Liebe um zu sehen was schiefläuft. Sie wusste schon vor fünf Jahren, dass ich viel Musik von 3p höre und brachte mich daher immer mit 3p in Verbindung. Als sie eines Abends die Nachtschicht Sendung auf Planet Radio hörte fiel mein Name in der Sendung und die Adresse dieses Tagesbuches in dem du diesen unglaublichen Text gerade liest. Marina begann zu lesen und ihr war klar, dass ich es bin. Da sie im Januar einen schlimmen Autounfall hatte war das natürlich eine willkommene Abwechslung.

Wir bemerkten schon in unserem Telefonat als ob alles so wäre wie früher, quasi als hätte es die dreijährige Unterbrechnung nicht gegeben. Unsere Gespräche waren genauso wie damals. Am Montag trafen wir uns dann auch gleich – Mario A. auf Krankenbesuch in Hanau. Da kranke Menschen immer etwas geschenkt bekommen entschied ich mich für eine Nachtschicht Compilation Vol. 1, da es scheinbar die Nachtschicht war, welche uns wieder hat zusammenfinden lassen. Wir laberten die ganze Nacht, aßen (schon wieder Essen) leckeres Obst und hatten Spass daran uns gegenüber zu sein. Da alles bis tief in die Nacht ging und mich zwei Stunden Schlaf auch nicht fitter gemacht hätten, entschied ich mich in Hanau zu bleiben und den schulischen Dienstag sausen zu lassen. Und jetzt sitze ich an meinem Computer und schreibe diese Zeilen – unwissend darüber was hier überhaupt passiert.

Marina nannte es damals immer Schicksal – heute bin ich es, der es so nennt. Zwei Seelenverwandte die sich nie gesucht, aber trotzdem gefunden haben. Wir haben uns fest vorgenommen uns öfters zu treffen und den Kontakt aufrecht zu halten. Soviele Zufälle wie es hier bis jetzt gegeben hat, kann es nämlich gar nicht geben. Mich flasht die ganze Sache jedenfalls ziemlich heftig, bin schon die ganze Woche zu nichts mehr zu gebrauchen, weil es mich so mitzieht.

Aus diesem Grund beende ich diesen Eintrag, mit der Meinung alles total blöd beschrieben zu haben und mit mir selbst nicht zufrieden zu sein. Das ist die Verwirrung in meinem Kopf. Ich muss jetzt Marina anrufen :).

Bild des Tages
Aufgrund der aktuellen Ereignisse keine Air Force One, sondern eine Person, die mich wegen der Veröffentlichung dieses Fotos bestimmt nicht verklagen wird *g*. Marina danke dass du wieder da bist! Fotografiert wurde sie mit der Kamera von meinem mitlerweile zwei Wochen alten Sony Ericsson S700i Pimpphone.

Das nächste Mal gibts dann wieder die neusten Skandalgeschichten aus Motorcity.

Haltet die Welt an
Mario

Comments

  1. Sie ist aber nicht die Dame, die mal ein Bild von ihrem Autounfall in die Nachtschicht per Email geschickt hat, oder?

    Jedenfalls ein sehr schöner Beitrag und der geile Mafagga freut sich für euch! :o)

    WEITAMACHEN, Mafagga! :o)))

    Sashman – eigentlich Erster!

  2. Ach und was ich noch sagen wollte:
    Mit Dir Seelenverwandt zu sein, spricht ja nicht gerade für die ansonsten nette, junge Dame. ;o)

    Nein, haut rein! :o)

    Sashman

  3. zweite! ;o)

    mario, ich höre (als psychologin vom dienst) jedes wochenende unglaublich viele geschichten…. aber DIE hier ist mit abstand die schönste!
    weiter so!

    grüße aus der arschkalten alten stadt,
    annika

  4. Einen schönen, sonnigen guten Morgen!

    Ich muss sagen, die Geschichte ist viel schöner wenn man hier, so gemütlich bei Kaffee und Obstsalat in seinem Büro sitzt und es liest, als wenn man sie unter Stress und Hektik im Rind erzählt bekommt.
    Wir hoffen doch mal dass die Geschichte so schön weitergeht wie sie angefangen hat… aber ich würd sagen… “da geht noch einiges…” ;-)

    Big Gruß(um es mal mit deinen Worten zu sagen) ;-)

  5. Da es ja mehr oder weniger direkt um mich geht, muss ich doch auch mal was zu diesem Eintrag hier schreiben… ;-)

    Maaaaarioooooooooooo…warum dieses schreckliche Foto *aaahhh* … *lach*…ich hätts mir ja eigentlich denken können, dass Du es zum Eintrag hinzufügst…du spinni *fg*…

    …also ich muss sagen, das hast du wirklich schön geschrieben… und alles auch richtig wahrheitsgetreu ;-) … und zudem musstest du gestern Abend ja auch noch in der Nachtschicht anrufen (wobei ich ja echt nicht gedacht hätte, dass Du es schaffst) ohne die wir jetzt keinen Kontakt hätten…tjaja…Schicksal… oder doch Zufall?? … der rote Faden geht nie verloren *g*…

    …zumindestens muss ich Dir noch beipflichten und kann Dir sicher sagen, dass wir mit 100%iger Sicherheit den Kontakt nicht noch einmal in unserem Leben soooo lange unterbrechen werden, was auch sonst noch kommen mag…. ach ja…und die Flasche Asti köpfen wir dann, wenn ich hoffentlich bald wieder richtig fit und gesund bin… ;-)

    ach ja…bevor ich es vergesse…Moses…DANKE auch von mir ;-) … *knutscha*

    Und an alle, die das hier lesen: Glaubt ihr an das Schicksal?? Also ich habe mal daran geglaubt, doch dann habe ich irgendwann wirkliche Zweifel bekommen bei dem was in meinem Leben alles so passiert ist… nun ja…und zur Zeit versuche ich wieder daran zu glauben… denn können das alles nur Zufälle sein??? Tja….wer weiß…..

  6. Und alles ohne Routenplanerin – unglaublich! :)

    Marina, hast ja vielleicht noch viel Zeit zum lesen. Was die Zufälle betrifft, empfehle ich Dir unbedingt James Redfields “Die Prophezeiungen von Clestine”. Da wird Dir eine schöne Variante in Form eines wundervollen Romans genau erklärt, aber wie gesagt, eine Variante.

    Dabei fällt mir was ein:

    “Fünfter sein” (Ernst Jandl-Norman Junge)
    tür auf
    einer raus
    einer rein
    vierter sein
    tür auf
    einer raus
    einer rein
    dritter sein
    tür auf
    einer raus
    einer rein
    zweiter sein
    tür auf
    einer raus
    einer rein
    nächster sein
    tür auf
    einer raus
    selber rein
    tagherrdoktor

    Fünfte!

    PS. Hier liegt noch was für die Füsse!

  7. Och Alex, nicht doch dieses grausige Buch, welches ich nicht verstehe (es könnte auch grausig sein, weil ich es nicht verstehe! :o)

    Sashman

  8. Ist überhaupt komisch, daß Du es nicht verstehst. Frauen fällt es wahrscheinlich eh leichter, es zu lesen und zu verstehen, also mach Dir nichts daraus.

    Apropos nicht verstehen: Ich habe von meinem Freund ein Buch ausgeliehen. Teil einer Saga “Der Dunkle Turm” von Stephen King. Begonnen habe ich mit dem ersten Teil “Schwarz”. Wurde ja auch im 3p Forum als gute Wahl bezeichnet. Ich konnte wegen lieblosem Schreibstil, Obszönitäten und Ekelhaften Details (ich bin ja echt nicht prüde, aber das ging mir echt zu weit, vielleicht besonders wegen meiner grossen bildlichen Vorstellungskraft) und einer Art Trostlosigkeit nach dem ersten Drittel einfach nicht mehr weiterlesen und sehe mich auch nicht in der Lage, mich über diesen Punkt hinweg zu lesen. Vielleicht ist das ja was für Dich und Du findest die Schönheit des Buches, Sascha.

  9. @sascha: Nein das war sie nicht, dabei handelt es sich wohl um eine andere Dame. Und das andere hast du nicht wirklich geschrieben oder? *hrhr*

    @metz: Wieviel bietest du für die Filmrechte? ;)

    @toadward: Nein ich war zu faul um auch nur den Versuch zu unternehmen an den Flughafen ranzukommen. Aufgrund des Wetters habe ich die Idee mit dem Anflugfoto auch schnell verworfen.

    @nadine: onehundredpercent agree :)

    @marina: Gut dass ich das mit dem Asti schwarz auf weiss habe. Nicht dass ich dir nicht vertraue oder so, aber es ist schon gut das schriftlich zu haben, zumal du ja angeblich so gut wie nie Alkoholische Substanzen zu dir nimmst. Wenn du ausfallend wirst und unanständige Lieder singst weiss ich wenigstens was ich zu tun habe ;). Und nach der Sache hier glaube ich nicht mehr an Zufälle – auch wenn ich weder abergläubisch bin noch sonstwas.

    Grüsse aus Motorcity
    Mario

  10. liebe marina,

    das war kein zufall… nenn ´s schickal oder wunder, auf jeden fall isses schön ;o)!

    grüße!
    annika

  11. Hi,

    hab mir gerade mal die Einträge von vor einem Jahr durchgelesen. Sensationell wenn mann weiß was man genau vor einem Jahr so gemacht hat. (schade eigentlich dass es von 03/03 noch keinen Eintrag gab)

    Aber was noch viel wichtiger ist… am 30.März 04 waren es um die 19 °C laut deiner Aussage. Hoffen wir mal das wir dieses Jahr auch bald son Wetterumschwung haben. Langsam reichts nämlich definitiv mit der Kälte! Es wird nun wirklich mal Zeit für Jeanskacken & Shirts anstatt Daunenmäntel & Rollkragenpullis!

    Lieben Gruß aus dem kalten aber immerhin sonnigen Frankfurt

  12. *schnief*

    Welch süße Geschichte!!!

    Ich bin total gerührt und freue mich für Dich / Euch.

    Und ich kann dazu nur sagen: Es gibt keine Zufälle.

    Liebe Grüße und 2 gedrückte Menschendaumen und 4 gedrückte Hundepfoten für Euch beide,

    Nimue

  13. boar kollege – krasse sache *g* (und ich habe den ganzen text gelesen un nu kopfschmerzen *aua* )

    greetz.
    mustaf

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